Bewerbungsfotos

Auch wenn es außerhalb Deutschlands mittlerweile viele Versuche gibt, Bewerbungen ohne Fotos zum Standard zu erheben, Bewerbungsfotos werden uns noch lange erhalten bleiben.
Ich bin in der Hinsicht zwiegespalten, einerseits verhilft uns die fotofreie Bewerbung zur vorurteilslosen Vorauswahl von Bewerbern, andererseits begegnen wir uns im täglichen Leben auch nicht mit einer Papiertüte auf dem Kopf.
Bewerbungsfotos sind für viele die „Angstkiste“ schlechthin. Man macht sie aus Aufwands- und Kostengründen nicht für jeden Arbeitgeber neu, also besteht die Gefahr – wenn man es jedem recht machen will – gesichtslos angepasst zu erscheinen oder aber – in der Bemühung, authentischer oder auffälliger zu sein – mit der Firmenkultur manches Favoriten zu kollidieren.

Fotograf um die Ecke, Fotoautomat, Selbstauslöser oder teurer Profi? Das kommt auf den Job, die Branche und nicht zuletzt auf die eigene Fotogenität an.
Wer im Job gut bezahlt in der Öffentlichkeit steht, als Moderatorin, Presenterin, Pressesprecherin, Firmen-Repräsentantin oder in einer anderen präsenten Führungsposition, sollte einen Profi bemühen. Schon um zu zeigen, dass die Aufgabe, sich angemessen zu präsentieren, professionell gelöst wurde.
Für alle anderen, so sie nicht völlig verkrampft und/oder ziemlich unfotogen sind, ist weniger oft mehr. Ein klassisches Standard-Bewerbungsfoto reicht zur Information für die Auswählenden (Personalabteilung, Fachabteilung, Chef, Arbeitgeber). Denn es kommt auf die Botschaft „so sehe ich aus, damit Sie ein Gesicht zu den Unterlagen haben“ an, mehr nicht. Im Gegenteil. Eyecatcher, ob männlich oder weiblich, verunsichern oder wecken falsche Erwartungen. – Es hat wohl niemand vordergründig die Absicht, als Amüsement für Vorgesetzte und Kollegen eingestellt zu werden.

Für die Mimik der Bewerbungsfotos gibt es einige wenige absolute Musts:
+ Der Blick muss direkt in die Kamera gehen. Wer den Betrachter nicht anschaut, ist nicht da. (Das Kinderspiel „ich halte  mir die Augen zu und dann verschwinde ich“ hat ernsthafte wahrnehmungspsychlogische Hintergründe.)
+ Auch wenn es anstrengt: Lächeln! Das Mona-Lisa-Lächeln, bei dem die Augen beteiligt sind, reicht meist, totale Gesichtsentgleisung blockiert die Information, wie jemand aussieht und Lachen mit offenem Mund will gekonnt sein, denn zu viele Zähne wirken aggressiv.
+ Freundliche Grundstimmung. Lösen Sie den Impuls aus: Die möchte ich gern kennenlernen. Gerade Männer posen zuviel, mit vorgeschobenem Kinn und gerunzelter Stirn werden Sie auch nicht entschlusskräftiger, wenn Sie es nicht ohnehin schon sind.

In der Kreativbranche gelten andere Regeln, da darf es gern etwas lockerer sein, Hauptsache inspiriert und auffällig. Oder aber extrem unauffällig und fast zufällig geknipst. Auch wenn es so aussieht, als wäre alles möglich, gibt es ungeheuer viele ungeschriebene Regeln. (Schließlich tragen sie alle diese total individuellen Brillengestelle und Trainingsjacken.) Da ist es am besten, wenn man sich die Selbstpräsentationen von Kollegen und Kommilitonen im Netz ansieht und schaut, welche Zufälligkeit gerade en vogue ist.